Die umstrittene Praxis sogenannter „Conjugal Visits“ (Ehebesuche) in US-Gefängnissen steht nach zwei tödlichen Vorfällen in Kalifornien heftig in der Kritik. Zwei Frauen wurden innerhalb weniger Monate bei Besuchen ihrer Partner im Gefängnis getötet.
Stephanie Brinson (62), laut Familie besser bekannt als Stephanie Dowells, wurde im November 2024 während eines privaten Besuchs im Mule Creek State Prison von ihrem Ehemann David Brinson (54) getötet. Brinson verbüßt eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes. Bereits Monate zuvor war Tania Thomas (47) im selben Gefängnis bei einem Ehebesuch von ihrem Partner Anthony Curry ebenfalls erdrosselt worden. Auch er sitzt dort eine lebenslange Strafe ab.
Beide Männer wurden wegen Mordes angeklagt, die Staatsanwaltschaft äußerte sich jedoch bislang nicht näher zu den laufenden Verfahren.
Was sind „Conjugal Visits“?
„Conjugal Visits“, auch als Familienbesuche bekannt, ermöglichen es Inhaftierten, mehrere Stunden oder sogar Tage unbeaufsichtigt mit Ehepartnern oder Familienangehörigen in speziell eingerichteten Besuchseinheiten zu verbringen. Ziel ist der Erhalt familiärer Bindungen und eine verbesserte Resozialisierung. In der Realität werden diese Besuche jedoch häufig mit Intimität und Sexualität assoziiert.
Eingeführt wurde das System im frühen 20. Jahrhundert – zunächst nur für schwarze Häftlinge in Mississippi, um angeblich ihre Arbeitsmoral zu steigern. In den 1990er Jahren existierten Programme in 17 US-Bundesstaaten. Heute sind es nur noch vier: Kalifornien, New York, Connecticut und Washington.
Sicherheitsbedenken nehmen zu
Nach den jüngsten Todesfällen mehren sich die Stimmen, die die Sicherheit dieser Besuche infrage stellen. Kritiker warnen schon lange davor, dass sie ein Einfallstor für Gewalt, Drogen, Handys und sogar Waffen seien. In Connecticut beispielsweise sind minderjährige Kinder als Begleitung Pflicht, was die Zugangskriterien stark einschränkt.
Laut dem kalifornischen Strafvollzug dürfen ohnehin nur Häftlinge mit gutem Verhalten teilnehmen: „Diese Besuche sollen den familiären Zusammenhalt und die Rehabilitation fördern“, so ein Sprecher.
Tödliche Ausnahmen – oder systemisches Problem?
Tödliche Vorfälle wie diese sind in den USA selten dokumentiert. Doch sie werfen ein grelles Licht auf das Spannungsfeld zwischen Resozialisierung und Sicherheitsrisiko. Bereits 1995 hatte ein Mörder in einem Gefängnis in Washington seine Frau bei einem Ehebesuch mit einem Küchenmesser attackiert.
Die aktuelle Debatte dreht sich nicht nur um Sicherheit, sondern auch um die grundsätzliche Frage: Sollte ein Mensch, der wegen Mordes lebenslang einsitzt, überhaupt private, unbeaufsichtigte Treffen mit Partnerinnen haben dürfen?
Fazit: Reform oder Abschaffung?
Während Befürworter die positiven Effekte auf die Rückfallquoten betonen, sehen Gegner darin eine Verwässerung der Strafwirkung und ein unnötiges Risiko. Die tragischen Fälle von Stephanie Brinson und Tania Thomas könnten nun den Ausschlag geben – hin zu einer umfassenden Neuregelung oder gar dem Ende der „Conjugal Visits“ in den USA.
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