Nachdem Anfang der Woche bekannt wurde, dass hochrangige Regierungsvertreter unter Donald Trump in einer Signal-Gruppenchats unter anderem militärische Angriffspläne diskutierten – und versehentlich ein Journalist in die Konversation eingebunden war – steht Verteidigungsminister Pete Hegseth erneut im Zentrum heftiger Kritik.
Obwohl sich Hegseth am Dienstag noch betont selbstsicher gab („Ich weiß genau, was ich tue“), wuchs innerhalb weniger Tage die Skepsis unter Militär- und Sicherheitsexperten deutlich. Vor allem nachdem The Atlantic berichtete, Hegseth habe in der Chatgruppe detaillierte Informationen über einen geplanten Luftschlag gegen Huthi-Rebellen in Jemen geteilt – inklusive Zeitplan und eingesetzter Flugzeuge.
„Jeder uniformierte Soldat wäre für so etwas vor ein Militärgericht gestellt worden“, sagte ein ranghoher Verteidigungsbeamter gegenüber CNN. „Sogar meine jüngsten Analysten wissen, dass man das nicht macht.“
Sicherheitsberater lud Journalisten ein – aber Hegseth im Fokus
Der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz wurde dafür kritisiert, Atlantic-Chefredakteur Jeffrey Goldberg in den Gruppenchat eingeladen zu haben. Auch CIA-Direktor John Ratcliffe und die Direktorin der Nationalen Nachrichtendienste, Tulsi Gabbard, mussten sich zwei Tage lang vor dem Kongress verantworten. Dennoch sehen viele Beobachter vor allem Hegseth in der Verantwortung.
„Der größte Fehltritt kam eindeutig von Hegseth“, so ein ehemaliger Geheimdienstchef. „Er ist jetzt das Ziel, weil er all diese Informationen über Signal geteilt hat.“
Interne wie externe Stimmen zweifeln zunehmend an Hegseths Führungsstil im Pentagon. Kritisiert wird insbesondere seine spontane und instinktbasierte Art, Entscheidungen zu treffen – häufig ohne klare schriftliche Befehle oder strukturierte Abstimmungsprozesse.
„Er ist eben ein Fernsehmann“, kommentierte ein Beamter. „Ein General macht einen Vorschlag, und er sagt nur: ‚Ja, ja, mach einfach.‘“
Symbolpolitik statt Substanz?
Seit seiner Bestätigung im Januar hat Hegseth mehrere Initiativen umgesetzt – etwa an der Südgrenze oder durch die Entfernung von „DEI“-Inhalten (Diversität, Gleichstellung und Inklusion). Viele dieser Maßnahmen wurden jedoch bereits wieder zurückgenommen oder abgeschwächt, weil sie hastig und ohne nachhaltige Planung eingeführt wurden.
In Gesprächen mit CNN beklagten mehrere DoD-Beamte, Hegseth lege mehr Wert auf „Show“ als auf inhaltliche Substanz. So ließ er bei einem Auftritt seine Maschine von schwer bewaffneten Soldaten bewachen – ein deutlich martialischeres Bild als seine Vorgänger.
Auch der Truppeneinsatz an der Südgrenze erscheint vielen als rein symbolisch: Die Soldaten errichten Absperrungen, ziehen Stacheldraht – und „stehen ansonsten einfach nur herum“, so ein Beamter.
Geheimnisverrat oder PR-Panne?
Obwohl Hegseth darauf besteht, keine geheimen Informationen über den Signal-Chat geteilt zu haben, widersprechen mehrere Insider. Mindestens vier Quellen bestätigten gegenüber CNN, dass die geteilten Informationen als geheim eingestuft waren – darunter Details zu Waffensystemen und Zeitplänen.
„Diese Informationen waren als klassifiziert markiert, als sie innerhalb des Verteidigungsministeriums geteilt wurden“, sagte eine der Personen.
Der Präsident steht derzeit noch zu seinem Verteidigungsminister. Trump erklärte, Sicherheitsberater Waltz trage die Verantwortung für die Chat-Gruppe. Hegseths Rolle bagatellisierte er: „Wie kommt ihr überhaupt auf Hegseth? Der hatte doch damit nichts zu tun“, sagte Trump am Donnerstag. Gleichzeitig bezeichnete er die gesamte Debatte als „Hexenjagd“.
Frühere Fehltritte, rechtliche Rückschläge
Hegseth hatte bereits beim NATO-Treffen im Februar für Aufsehen gesorgt, als er überraschend erklärte, eine ukrainische NATO-Mitgliedschaft sei „vom Tisch“. Der republikanische Senator Roger Wicker bezeichnete dies als „Anfängerfehler“, der der US-Verhandlungsposition geschadet habe.
Auch innenpolitisch häufen sich juristische Rückschläge: Ein Bundesrichter blockierte jüngst das von Trump wieder eingeführte Verbot für transgeschlechtliche Soldat:innen. Ein weiteres Gericht ordnete an, entlassene Probezeit-Mitarbeitende im öffentlichen Dienst wieder einzustellen.
Gleichzeitig scheint Hegseths Vorstoß, das Gefangenenlager Guantánamo Bay als Deportationszentrum für Migrant:innen zu nutzen, ins Leere zu laufen: Der Stützpunkt steht praktisch leer.
Ein Minister ohne Erfahrung
Hegseth ist der am wenigsten erfahrene Verteidigungsminister seit Jahrzehnten. Er stieg bis zum Major in der Nationalgarde auf und verließ die Armee 2021. Im Vergleich dazu hatten seine Vorgänger – darunter Vier-Sterne-Generäle wie Lloyd Austin oder James Mattis – jahrzehntelange militärische Führungsverantwortung.
Der Skandal um den Signal-Chat wirft nun erneut die Frage auf, ob Hegseth der komplexen Aufgabe an der Spitze des Pentagon gewachsen ist.
„Das alles zeigt seine völlige Unerfahrenheit“, so ein hochrangiger Verteidigungsbeamter gegenüber CNN.
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